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Juna Pöhler

was wäre wenn ich verschiedene Identitäten hätte?

Formale Aspekte
Mein Kunstwerk besteht aus verschiedenen Ebenen. Als Hintergrund habe ich mich daher für einen Spiegel entschieden. Auf dem Spiegel ist eine Bleistift Zeichnung von einer Frau zusehen. Das Besondere an ihr ist, dass sie zwei Gesichter hat. Es wirkt, als seien zwei Köpfe zusammen geschmolzen.  Das eine (das linke) Gesicht blickt den Betrachter durchdringend an. Es scheint, als würde die Frau einen aus jeder Perspektive in die Augen blicken.  Dar rechte Gesicht hat die Augen geschlossen und der Kopf ist Richtung Boden gesenkt. Die Frau fasst sich mit der linken Hand an den Hals. Die Wirkung dieser zwei Gesichter sollte der einer Kippfigur sein: der Betrachter sieht beide Perspektiven gleichzeitig – das Auge springt zwischen den beiden Gesichtern dauerhaft hin und her.
Aus dem Kopf der Frau kommen türkisene und rote Fäden . Die Fäden sind parallel und bewusst formal angeordnet, in einer Art „V“ und schaffen dadurch einen symmetrischen Gesamteindruck. Des Weiteren bilden sie einen farblichen Kontrast zu der grauen Zeichnung (einen Bunt-Unbunt-Kontrast) und ebenfalls einen Kontrast untereinander (Warm-Kaltkontrast). Für mich war es wichtig, dass neben der Zeichnung und den Fäden der Spiegel nicht überladen wirkt, um nicht zu sehr von der Wirkung der Zeichnung abzulenken. Im Spiegel selber sollte zusätzlich noch Raum sein für die Spiegelung des Raumes dahinter, der das Kunstwerk ebenfalls beeinflusst.

Ideenfindung und Prozess
Zu Beginn des Projektes hatte ich verschiedene Themen und Ideen für mein Kunstwerk. Themen, die für mich am Anfang besonders interessierten, waren zunächst Dystopien und künstliche Intelligenz. Von dem Thema künstliche Intelligenz bin ich dann weiter auf das Thema „Identität“ gekommen und bei der Frage, was einen Menschen ausmacht.  Auf der Basis „Identität“ bin ich dann zu verschiedenen Fragestellungen gekommen – wobei ich mich letztendlich auf die Frage
„ Was wäre wenn ich verschiedene Identitäten hätte?“  konzentriert habe.
Für die Ideenfindung zur Umsetzung  habe ich mir viele Kunstwerke und Künstler, die mit ähnlichen Themen im Internet arbeiten, angeschaut. Vor allem auf „Pinterest“ bin ich beim Thema Identität auf viele anregende Ideen gestoßen. (siehe Seite… „Inspiration). Besonders fasziniert haben mich Kunstwerke, auf denen Personen mit mehreren Gesichtern bzw. Köpfen zusehen waren. Auf mich wirkten diese Kunstwerke zum einen abschreckend und unheimlich und zum anderen sehr interessant, wie eine Optische Täuschung. Diesen Effekt wollte ich bei meinem Kunstwerk ebenfalls umsetzen.
Meine Erste Idee war: Vor einem schwarzen Hintergrund, zwei Fotos von Gesichtern mit unterschiedlichen Emotionen zu einem Kopf zu per Photoshop zusammen zu fügen.  (siehe Seite… Skizzen). Hierfür wollte zunächst als Modell meine Nachbarin aus dem aus dem letzten Fotoprojekt nutzen. Durch die  Corona-Situation musste ich meine Idee dann neu umsetzen. Daher habe ich mich entschieden, meine Idee mit einer Zeichnung und einer anschließenden Collage zu verwirklichen.  

Ich habe mit einem 2B-Bleistift gearbeitet und bei den dunklen Schattierungen einen weicheren 4B-Bleistift verwendet. Eine große Herausforderung beim Zeichnen war es, die Proportionen von den zwei Gesichtern und die zwei unterschiedlichen Perspektiven einzuhalten. Die Zeichnung nahm zwei volle Tage in Anspruch.  Die Gestaltung war aufwändig, da der Kippfigur“- Effekt nur bei großer Präzision der Zeichnung gut wirkt. Anschließend habe ich dann die Fäden auf dem Spiegel gespannt und sie in die richtige Position zur Figur gebracht. Schließlich wurde die Figur auf dem Spiegel und den Fäden montiert.  Da ich einen Spiegel als Hintergrund gewählt habe, kann sich der Hintergrund beliebig ändern und der Betrachter oder auch der Raum oder die Außenwelt  können so  Teil des Kunstwerkes werden.
Da ich das Kunstwerk wahrscheinlich virtuell ausgestellt wird, habe ich es draußen im Garten fotografiert, damit im Hintergrund die Natur, sowie den bewölkten Himmel zu sehen sind. Damit habe ich den größtmöglichen Kontrast zur „Perspektive“-Frage und auch als Antwort auf die aktuelle Situation gewählt.

Bedeutung und Beantwortung der Frage
Ich habe meine Frage: „Was wäre, wenn ich verschiedene Identitäten hätte?“ visuell in einer Zeichnung und  einer Kollage aus verschiedenen Materialien umgesetzt.  
Das Frauenportrait zeigt zwei Identitäten einer weiblichen Person. Die roten und blauen Fäden symbolisieren ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten, Gedanken und Gefühle. Durch den „Kippbild“-Charakter des Bildes fällt es schwer, sich auf ein Gesicht oder eine Identität der Frau zu konzentrieren. Beide Identitäten konkurrieren also um die Aufmerksamkeit des Betrachters.  Auf den Spiegel montiert kommt eine weitere Dimension zum Kunstwerk hinzu: der Betrachter spiegelt sich selber im Bild und wird so gleichzeitig Teil des Werkes. Er kann sich im Werk ebenfalls mit seiner eigenen Identität beschäftigen.  
In der Auseinandersetzung mit meiner Leitfrage bin ich zu dem Schluss gekommen, dass jeder Mensch über verschiedene Identitäten verfügt. In der Auseinandersetzung mit der Umwelt – anderen Menschen – kommen unterschiedliche Aspekte unserer Persönlichkeit zum Vorschein: von manchen Menschen werde ich auf die eine, bei anderen auf eine andere Weise wahrgenommen. So kann ich in der Schule die Schülerin sein, bei meinem kleinen Bruder aber Lehrerin. Mein Werk zeigt die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Identitäten in einem Menschen.
Für das Foto habe ich mein Kunstwerk vor unserem Haus im Garten fotografiert. So erhält die Collage noch eine natürlichen Rahmen. Dieser bringt eine neue Facette in das Bild. Die Natur steht hier für den ursprünglichen Zustand des Menschen also die eigene Identität ohne Gegenüber.
Sehr spannend fand ich in der Auseinandersetzung mit der Leitfrage auch das Thema der multiple Persönlichkeitsstörung (MPS). Charakteristisch hier für ist, dass eine Person zwei oder mehr unterscheidbare Teilidentitäten oder Persönlichkeitszustände entwickelt ohne selber darüber Kontrolle zu haben.
Zusammenfassend bin ich sehr zufrieden mit der Arbeit, Gestaltung und dem Resultat dieses Kunstwerkes.